Das Lernen wird digitalisiert. Wird Lernen jetzt eine einsame Tätigkeit?

Technikgetriebene Lernformen tönen spannend und vielversprechend. Vor allem die Zeitersparnis und der flexible Lernort sind gewichtige Punkte und kommen der Work Life Balance zugute. Beim digitalen Lernen darf zukünftig noch vermehrt auf einen sinngebenden Diskurs geachtet werden. 

Durch die Digitalisierung verändert sich auch das Lernverhalten. Anstatt wie früher gemeinsam in Lernteams Lernkärtchen zu erstellen, werden diese digital von Instruktoren zur Verfügung gestellt. Indem jeder die Arbeit von anderen für sein eigenes Lernen übernehmen kann, ist die Zeitersparnis immens. Der Lerneffekt, der durch das selbständige, kreative Gestalten und den Austausch innerhalb des Teams entsteht, entfällt jedoch.

Unternehmen machen ihren Mitarbeitern alle möglichen digitalen Angebote. Es gibt mehrmonatige Development Journeys wie auch einzelne, modulare Learning Journeys sowie Snakable Contents und Kursvideos für alle Fragestellungen, die sich jeder individuell, analog einem schmackhaften, reichhaltigen jedoch standardisierten Frühstücksbuffet, zusammenstellen kann.

Hierarchieübergreifender Zugang zu Lerninhalten


Die Digitalisierung ermöglich allen Mitarbeitern, sich Wissen und Fertigkeiten situativ und aktiv explorierend anzueignen. Das Lernen auf Vorrat entfällt. Auch die hierarchischen Mauern des Lernens fallen damit. Der Zugang zu Wissen und Lernangeboten ist nicht mehr abhängig von der Stufe der Karriereleiter. Weiterbidlungsmöglichkeiten stehen neu allen, unabhängig ihrer Ebene zur Verfügung. Der Schwerpunkt liegt auf hierarchieübergreifende Lerninterventionen. 

Die Ermöglichungsdidaktik steht hier im Gegensatz zum Instruktionslernen, bei dem der Lernstoff autoritär und situationsunabhängig vermittelt wird.

Lernbegleitung ist zentral


Die Frage, ob man die Suchenden bei der Auswahl des benötigten Lernstoffs sich selbst überlässt, ist gerechtfertigt. Denn die Suche nach dem «richtigen» Erklärvideo ist mit einem enormen Zeitaufwand verbunden. All zu leicht verliert man sich im Dschungel der digitalen Angebote und von YouTube.

Bei der Digitalisierung des Lernens ist eine Lernbegleitung im Sinne einer didaktischen, rhetorischen und evtl. auch technischen Begleitung wertvoll. Dies wird von diversen Anbietern von Lernangeboten in Form von zum Beispiel Tutorsystemen offeriert.

Sinngebend beeinflusst das Lernen


Wissen wird durch eine Sinngebung und durch eine Vernetzung generiert, ansonsten sind die Bites und Bytes in den Datenbanken nur Daten, bestenfalls Informationen.

Erklärvideos nutzen sich sehr schnell als reiner Schauinhalt ab, wenn man sich dem Lernstoff und dem eigentlichen Inhalt nicht erschliesst. Präsentationen, die nur betrachtet werden und die dem Betrachter jede eigene Denkleistung abnehmen, degradieren den Zuschauer zum Konsumenten. Indem eine eigene Dechiffrierungsleistung und somit eine intensive Auseinandersetzung mit dem Inhalt fehlt, wird keine nachhaltige Wissensvermittlung stattfinden.

Rhythmisierte, freiwillige Lerneinheiten auf Diskursbasis erhöhen die Lernleistung


Der Einsatz von Blended Learning bietet sich als eine mögliche Lösung an, den Lerneffekt und Fortschritt zu optimieren. Die Kombination von traditionellem Inhaltslernen mit modernen Technologien sowie in Verbindung mit einer Diskursdidaktik führt zu effizientem Ermöglichungslernen. Die Diskursdidaktik steht hier für die Kopplung von Einsicht und Anwendung. Im Arbeitsleben entscheided oft ein interdisziplinär geführter Dialog und die damit einhergehende Konsenserzeugungskompetenz über Erfolg oder Misserfolg eines Projektes. Durch den geführten Diskurs steigt die Fähigkeit, Fremdes ins eigene Weltbild einzuweben und die Standpunkte anderer zu verstehen sowie diese mit den eigenen Ansichten abzugleichen. Die Diskursfähigkeit baut auf individuellen Grundhaltungen und solidem Wissen auf.

Für das Blended Learning bedeutet dies, dass einzelne «Sozialprozesse» aktiv gestaltet und prozessorientiert eingebettet werden müssen. Spannende Webinare und Präsensevents mit best-in-class Referenten, die Gedanken und Meinungsaustausche in der Community bewusst fördern sind Beispiele, die ein Blended Learning sinngebend füllen können.

Das effiziente E-Learning wird durch einzelne rhytmisierte und freiwillige Lerneinheiten ergänzt und nutzt so die Diversität der Teilnehmenden sowie ihre unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen.

Blended Learning als Gefäss für sinngebenden Inhalt


Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass das Augenmerk beim digitalen Lernen zukünftig noch stärker auf die Produktion von Sinn zu legen ist. Blended Learning Strukturen können hierfür das optimale Gefäss bilden. Einerseits erfolgt ein zeitsparendes E-Learning im eigenen Rhythmus und andererseits kann man mit zusätzlichen Diskurs-Lerneinheiten die Thematik vertiefen und interdisziplinär vernetzen. Eine intensive und vielschichtige Auseinandersetzung mit dem betreffenden Inhalt garantiert eine nachhaltige Wissensvermittlung.